Kalibrierzertifikate und Hoheitszeichen: in Zukunft digital
Deutsche Produkte genießen einen hervorragenden Ruf – dank eines komplexen Systems zur Sicherung der Qualität und zum Schutz von Verbrauchern: der sogenannten Qualitätsinfrastruktur (QI). Damit dieses Qualitätsversprechen auch in einer digitalen Welt gilt, müssen notwendige Instrumente wie Kalibrierzertifikate und Hoheitszeichen ebenfalls digital werden. Die Physikalisch-Technische Bundesanstalt (PTB) und die Deutsche Akkreditierungsstelle (DAkkS) haben nun eine enge Zusammenarbeit für die praktische Einführung solch maschinenlesbarer Kalibrierzertifikate (DCC) mit digitalem Hoheitszeichen gestartet. Die Akteurinnen wollen damit die deutsche Wirtschaft bei ihrer digitalen Transformation unterstützen und setzen sich für europa- und weltweit einheitliche Standards in diesem Bereich ein. Dieses Projekt ist Teil der gemeinsamen Initiative QI-Digital, in der PTB und DAkkS gemeinsam mit den weiteren Partnern BAM, DIN und DKE an zukunftsfähigen Lösungen arbeiten.
Die Initiative QI-Digital hat sich das Ziel gesetzt, gemeinsam mit einem Netzwerk von Akteurinnen und Akteuren aus der Wissenschaft, Industrie und privatwirtschaftlichen QI-Akteuren eine moderne Qualitätsinfrastruktur zu entwickeln, die den Bedarf einer vernetzten und automatisierten Wertschöpfungskette abdeckt und Kosten senkt. Eine wichtige Komponente bilden dabei digitale und maschinenlesbare Ergebnisberichte, wie beispielsweise Kalibrierscheine.
Ein Kalibrierschein weist nach, dass ein Messgerät entsprechend geltenden Anforderungen kalibriert wurde. Digitale Kalibrierzertifikate (DCC) liefern diese technischen Informationen in einer maschinenlesbaren Form gleich mit – ein deutlicher Vorteil für Fertigungs- und Qualitätsüberwachungsprozesse, bei denen die Digitalisierung immer stärker Einzug hält. Daher hat die PTB in den vergangenen Jahren in engem Austausch mit der Industrie und internationalen Partnern ein technisches Format für ein digitales Kalibrierzertifikat erarbeitet, das sich für den weltweiten Einsatz eignet.
In enger Zusammenarbeit zwischen DAkkS und PTB steht nun die Integration eines digitalen Akkreditierungssymbols als maschinenlesbares Hoheitszeichen bevor. Dieser Schritt ermöglicht eine medienbruchfreie Maschinenlesbarkeit aller von akkreditierten Stellen ausgegebenen Informationen. DAkkS und PTB erarbeiten aktuell anhand ausgewählter Pilotprojekte die notwendigen Prozessabläufe, um digitale Kalibrierzertifikate und das digitale Hoheitszeichen zügig und großflächig in die praktische Anwendung zu bringen.
Zu den technischen Spezifikationen
Ein digitales Kalibrierzertifikat enthält alle Kalibrierinformationen in einer für Computer verständlichen Struktur, damit diese Informationen direkt in digitalen Systemen ausgelesen und automatisiert weiterverwendet werden können. Das Prinzip ist auf beliebige weitere metrologische Dokumente übertragbar. Die technologische Basis bilden Entwicklungen, die unter Federführung der PTB mittlerweile weite nationale und internationale Verbreitung gefunden haben: Das DCC baut auf der etablierten Markup-Sprache XML auf. Eine einheitliche Semantik ermöglicht die Übermittlung der Kalibrierinformationen in maschineninterpretierbarer Form, die gleichzeitig die Anforderungen der für Laboratorien relevanten Norm ISO/IEC 17025 erfüllt.
Das digitale Akkreditierungssymbol der DAkkS basiert auf einer sogenannten Public Key Infrastruktur (PKI), die als kryptografisches System die Ausgabe und Verwaltung sicherer digitaler Identitäten ermöglicht. Dabei wird das Hoheitszeichen der DAkkS durch ein qualifiziertes Siegelzertifikat für fortgeschrittene Siegelsignaturen ausgegeben, welches in der Verordnung (EU) Nr. 910/2014 (eIDAS-Verordnung) nach Art. 3 Abs. 26,30 definiert ist. Dieses Verfahren ermöglicht es, die Identität der ausgebenden akkreditierten Stelle und der Stand der von der DAkkS ausgegebenen Akkreditierung durch einen Vertrauensdienstanbieter digital überprüfbar zu machen.
Die Deutsche Akkreditierungsstelle (DAkkS)
Die DAkkS ist die nationale Akkreditierungsbehörde der Bundesrepublik Deutschland. Mit einer Akkreditierung bestätigt sie, dass Laboratorien und Zertifizierungsstellen ihre Arbeit nach den Anforderungen international gültiger Normen, gesetzlicher Grundlagen und relevanter Regeln kompetent erbringen können und überwacht die Erfüllung dieser Anforderungen. Das ist ihr gesetzlicher Auftrag. Mit den ausgestellten Akkreditierungen trägt sie dazu bei, Produkte, Verfahren und Dienstleistungen sicherer zu machen und durch Gegenseitigkeitsabkommen den Handel in Europa und der Welt zu vereinfachen.
Die Physikalisch-Technische Bundesanstalt (PTB)
Die PTB ist das nationale Metrologieinstitut Deutschlands und technische Oberbehörde des Bundesministeriums für Wirtschaft und Klimaschutz. Sie ist damit oberste Instanz bei allen Fragen des richtigen und zuverlässigen Messens. An den Standorten Braunschweig und Berlin sind insgesamt mehr als 2100 Mitarbeitende beschäftigt. Sie forschen an grundlegenden Fragen zu den physikalischen Einheiten, kalibrieren Messgeräte für höchste Genauigkeitsansprüche und führen Konformitätsbewertungen durch. Gemeinsam mit anderen Akteuren arbeitet die PTB an einer digitalen und zukunftsorientierten Qualitätsinfrastruktur.
Weitere Informationen
Ing. Prof. Dr. iur. Raoul Kirmes
Leiter Stabsbereich Akkreditierungsgovernance, Forschung und Innovation