Deutscher Akkreditierungsbeirat: Kein Beitritt für Deutschland zu GLOBAC
Auf seiner Sitzung am 26.02.2025 hat der deutsche Akkreditierungsbeirat der Bundesregierung empfohlen, dass Deutschland, konkret die Deutsche Akkreditierungsstelle (DAkkS), derzeit nicht der neuen Akkreditierungsorganisation GLOBAC* beitreten soll.
Hintergrund
Die 2019 geplante Fusion der internationalen Akkreditierungsorganisationen ILAC und IAF war gescheitert, weil keine einstimmige Zustimmung aller Mitglieder zu den geplanten Änderungen der fusionierten Organisation erreicht werden konnte und gesellschaftsrechtliche und steuerrechtliche Gründe dies verhinderten.
Stattdessen wurde der Vorschlag umgesetzt, eine völlig neue Organisation mit dem Namen Global Accreditation Cooperation (GLOBAC) zu gründen. Dadurch sollten die Einwände insbesondere von Deutschland als drittstärkster Volkswirtschaft der Welt (Stand: 01/2025) umgangen werden, die von Anfang an auf die rechtlichen und praktischen Risiken des GLOBAC-Konzeptes hingewiesen hatte.
Der Akkreditierungsbeirat der deutschen Bundesregierung und die DAkkS haben die Voraussetzungen für eine GLOBAC-Mitgliedschaft sorgfältig überprüft. Der Akkreditierungsbeirat ist zu dem Ergebnis gekommen, dass ein Beitritt zu GLOBAC derzeit nicht umgesetzt werden soll.
Ein Beitritt zu GLOBAC ist für Deutschland aus volkswirtschaftlicher Sicht nicht sinnvoll, da GLOBAC über keinerlei internationale rechtliche Anerkennung bei den WTO-Mitgliedsstaaten verfügt und im Gegenteil eine Mitgliedschaft zu kartellrechtlichen Problemen führen könnte.
Daneben bestehen aus Sicht der DAkkS auch rechtliche Risiken.
Hauptgründe für die Ablehnung eines Beitritts zu GLOBAC
Nachfolgend sollen die vier Hauptgründe für die Ablehnung eines Beitritts zu GLOBAC erläutert werden:
- GLOBAC ist keine gemeinnützige Organisation. In Ziffer 4.1 der Statuten von GLOBAC ist geregelt:
“is not and does not intend to be registered as a charitable entity under the New Zealand Charities Act 2005.“
Damit würde ein Beitritt der DAkkS als Mitglied von GLOBAC gegen Art. 4 Abs. 7 der VO (EG) 765/2008 verstoßen, da eine nationale Akkreditierungsbehörde das Verbot aus Art. 4 Abs. 7 der VO (EG) 765/2008 nicht dadurch umgehen kann, dass sie die verbotene Gewinnorientierung durch eine Beteiligung an einem nicht gemeinnützigen Unternehmen realisiert.
Die weiteren Regelungen in Kapitel 5.2.1 der GLOBAC-Satzung sind unzureichend. Dort heißt es zwar:
“5.2 Not-for-Profit
5.2.1 GLOBAC must not operate for the purpose of, or with the effect of:
(1) any Member of GLOBAC deriving any financial gain from membership of GLOBAC, other than as may be permitted by law, or
(2) conferring any kind of ownership in GLOBAC’s assets on Members, but GLOBAC will not operate for the financial gain of Members simply if GLOBAC (3) engages in trade (…)”
Daraus folgt aber, dass es zulässig ist, Gewinne zu erzielen, solange es nicht gesetzlich verboten ist, solche Gewinne zu erzielen. Ein solches gesetzliches Verbot besteht aber für GLOBAC gerade nicht. Genau aus diesem Grund wurde gemäß Ziffer 4.1 der Satzung keine Gemeinnützigkeit von GLOBAC festgelegt. Dies ist ein rechtliches Hindernis für den Beitritt einer hoheitlich handelnden nationalen Akkreditierungsstelle gemäß der VO (EG) 765/2008 wie der DAkkS. - Auf Anfrage der DAkkS hat die Europäische Kommission mit Schreiben vom 29.01.2025 (GROW.D.3/ZB grow.d.3(2025)1934690) geantwortet, dass sich die Anerkennung gemäß Art. 11 VO (EG) 765/2008 nicht auf Vereinbarungen bezieht, die im Rahmen eines GLOBAC-MLA unterzeichnet werden würden.
Eine solche Wirkung könnte nur durch einen gesonderten EU-Rechtsakt oder ein Handelsabkommen zwischen einem Drittland und der EU hergestellt werden. Ein solches Abkommen besteht derzeit nicht für GLOBAC. Daraus folgt, dass die nationalen Akkreditierungsstellen mit Sitz in der EU keine Gegenseitigkeit für die Anerkennung der Akkreditierung (Art. 11 Abs 2, 1. Alternative VO (EG) 765/2008) oder Konformitätsbewertung (Art. 11 Abs 2, 2. Alternative VO (EG) 765/2008) in Bezug auf den EU/EWR-Binnenmarkt gemäß Ziffer 5.1.1. Abs. 2 der GLOBAC Satzung versprechen können. Es besteht aus Sicht des EU-Rechts keine Gleichwertigkeit mit einer Akkreditierung, die nicht auf der VO (EG) 765/2008 oder einem Handelsabkommen der EU basiert.
Die EU-Akkreditierungsstellen und die Akkreditierungstätigkeit sind in der EU/EWR unmittelbar und spezifisch mit der Ausübung öffentlicher Gewalt im Sinne von Art. 51 AEUV verbunden und werden nur deshalb vom Kartellverbot ausgenommen. EU-Akkreditierungsstellen müssen deshalb alle Tätigkeiten und Verträge zur Akkreditierung (auch in Drittstaaten) als Teil der staatlichen Aufgabe durchführen. Andere Tätigkeiten sind einer Behörde fremd und könnten unter das Kartellverbot fallen. Dies hat der Europäische Gerichtshof in der Rechtssache C-142/20, Analisi G. Caracciolo Srl gegen Perry Johnson Laboratory Accreditation Inc, ECLI:EU:C:2021:368 entschieden. - GLOBAC gefährdet die Unparteilichkeit der Akkreditierung, da GLOBAC keine Organisation von Akkreditierungsstellen ist, die unabhängig von den Interessen der Konformitätsbewertungsstellen Abkommen zur gegenseitigen Anerkennung zwischen Akkreditierungsstellen organisiert. Vielmehr können auch Konformitätsbewertungsstellen stimmberechtigte Mitglieder von GLOBAC werden, sodass es zu einer verbotenen Vermischung der Interessen kommt, die gegen Art. 4 Abs. 8 und Art. 8 Nr. 1 der VO (EG) 765/2008 verstößt.
Es kann nicht zugelassen werden, dass sich staatliche Behörden der EU (Akkreditierungsstellen) den bindenden Regeln einer privaten Organisation unterwerfen sollen, wenn diese Organisation den überwachten Konformitätsbewertungsstellen selbst die Möglichkeit einräumt, die Regelungen und Verfahren ihrer eigenen Überwachungsbehörde (Akkreditierungsstelle) maßgeblich zu beeinflussen (Art. 8 Nr. 1 der VO (EG) 765/2008).
Es kann außerdem nicht hingenommen werden, dass eine private ausländische Organisation ohne gesetzliche Grundlage im Unionsrecht oder im nationalen Recht den Konformitätsbewertungsstellen mit Sitz in der EU bindende Vorgaben macht, die in die Berufsfreiheit oder private Eigentumsrechte eingreifen (Art. 15,16, 17 EU-CRCh; Abl. 2000/C 364/01) und deren Kosten erhöhen. Dies ist insbesondere dann problematisch, wenn die Durchsetzung der Regeln dieser privaten Organisation durch eine nationale Behörde erfolgen soll und die nationale Behörde dadurch die Anforderungen an ein rechtsstaatlichen Verwaltungsverfahren nur noch eingeschränkt erfüllen könnte (Art. 41,42 EU-CRCh).
- GLOBAC hat aktuell keinerlei rechtliche oder faktische Marktdurchdringung im Verhältnis zu Drittstaaten auf Ebene der WTO-Mitgliedstaaten. Die „Marke“ GLOBAC oder eine Nachfolgemarke ist außerdem völlig unbekannt und nicht ausreichend rechtlich geschützt worden. Es bestehen aktuell keinerlei Verweise auf GLOBAC, sodass auch keine Handelshemmnisse durch GLOBAC überwunden werden können. Insbesondere sind aktuell durch den Nichtbeitritt zu GLOBAC keine Handelshemmnisse im Export zu befürchten.
Es wurde versäumt, mit den wichtigsten WTO-Mitgliedsstaaten und Freihandelszonen eine rechtliche Machbarkeitsprüfung vorzunehmen.
Deswegen kommt es nun trotz der Warnungen der DAkkS dazu, dass eine der größten Freihandelszonen der Welt (EU/EWR) gemäß den Antworten der EU-Kommission nicht an dem System einer gegenseitigen Anerkennung auf Basis des GLOBAC-MLA teilnimmt (siehe Ziffer 2).
Die DAkkS spricht sich deshalb bis auf weiteres für den Erhalt und die Weiterentwicklung von ILAC als reine Akkreditierungsstellenorganisation auf weltweiter Ebene aus.

Ing. Prof. Dr. iur. Raoul Kirmes
Leiter Stabsbereich Akkreditierungsgovernance, Forschung und Innovation